Anwendungsschreiben der Finanzverwaltung – Kassengesetz in der Praxis

Stand:
Thematik: Recht Steuern und Rechnungswesen

Um Steuerausfällen durch manipulierte Kassen entschieden entgegenzutreten, hat der Gesetzgeber das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen – das sogenannte Kassengesetz – erlassen. Dieses trat Ende 2016 in Kraft . Das SHBB Journal hatte in Ausgabe 1/2017 ausführlich darüber berichtet. Im Zusammenhang mit dem neuen Kassengesetz sind in der Praxis viele Zweifel und Fragen aufgekommen. Nun hat das Bundesfi nanzministerium (BMF) im Juni 2018 in einem umfangreichen Schreiben neben grundsätzlichen Aussagen zu den Buchführungs- und Aufzeichnungsvorschrift en auch Hinweise zur ordnungsgemäßen Kassenführung gegeben.

 

Allgemeines

Buchführungspflichtige Unternehmer haben für Bargeldbewegungen ein Kassenbuch zu führen, gegebenenfalls auch in der Form aneinandergereihter Kassenberichte. Eine Einnahmenüberschussrechnung setzt „lediglich“ voraus, dass die Höhe der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch geordnete und vollständige Belege nachgewiesen werden. In der Praxis empfiehlt sich aber auch bei einer Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung eine detaillierte Aufzeichnung der Barumsätze, um im Falle einer steuerlichen Betriebsprüfung die Zusammensetzung der betrieblichen Bareinnahmen nachweisen zu können.

 

Einzelaufzeichnungen

Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung jedes Geschäft svorfalls gilt nach dem aktuellen BMF-Schreiben unabhängig von der Gewinnermittlungsart. So fallen auch Steuerpfl ichtige, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, unter diesen Grundsatz. „Einzelaufzeichnung“ bedeutet nicht nur die Aufzeichnung der in Geld bestehenden Gegenleistungen, sondern auch des Inhalts der Geschäft svorfälle und des Namens des Vertragspartners. Diese Grundsätze gelten nach Auffassung des BMF auch für sämtliche Bareinnahmen und -ausgaben. Jeder Unternehmer, der eine gewerbliche, freiberufl iche oder land- und forstwirtschaft liche Tätigkeit selbstständig ausübt, hat diese Vorschrift en zu beachten. Nicht nur Lieferungen, sondern auch Dienst leis tungen fallen darunter.

Das BMF beanstandet es allerdings nicht, wenn Kundendaten, insbesondere deren Name, nicht aufgezeichnet werden, sofern diese nicht zur Nachvollziehbarkeit und Nachprüfb arkeit des Geschäft svorfalls benötigt werden. Dies gilt auch dann, wenn ein elektronisches Kassensystem eine Kundenerfassung und Kundenverwaltung zulässt, die Kundendaten aber tatsächlich nicht oder nur teilweise erfasst werden. Soweit Aufzeichnungen über Kundendaten aber tatsächlich geführt werden, sind sie auch aufb ewahrungspfl ichtig.

Zu den Einzelaufzeichnungen gehören nach Auff assung des BMF:

  • eindeutig bezeichneter Artikel / erbrachte Dienstleistung
  • endgültiger Einzelverkaufspreis
  • Umsatzsteuersatz und Umsatzsteuerbetrag
  • vereinbarte Preisminderung
  • Zahlungsart
  • Datum
  • Uhrzeit des Umsatzes
  • verkaufte Menge beziehungsweise Anzahl / Umfang der Dienstleistung

Eine Verpflichtung zur einzelnen Verbuchung – im Gegensatz zur einzelnen Aufzeichnung – eines jeden Geschäft svorfalls besteht nicht. Auch können Warengruppen zusammengefasst werden, sofern die verkauft e Menge beziehungsweise Anzahl der einzelnen Gegenstände ersichtlich bleibt.

 

Ausnahmen aus Zumutbarkeitsgründen

Sofern der Unternehmer nachweisen kann, dass die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäft svorfalls nicht zumutbar ist, weil es technisch, betriebswirtschaft lich oder praktisch unmöglich ist, kann von der Einzelaufzeichnungspfl icht Abstand genommen werden. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur, wenn kein elektronisches Kassensystem, sondern eine off ene Ladenkasse verwendet wird. Bei Einsatz eines elektronischen Kassen systems greift immer die Einzelaufzeichnungspfl icht. Die Ausnahme von der Einzelaufzeichnung aus Zumutbarkeitsgründen bei Führung einer off enen Ladenkasse gilt sowohl bei Warenverkäufen als auch bei Dienstleis tungen. Aber: Bei Dienstleistungen sind nach Auffassung des BMF dennoch Einzelaufzeichnungen zu führen, wenn der Kundenkontakt etwa der Dauer der Dienstleistung entspricht und der Kunde auf die Ausübung der Dienstleistung üblicherweise individuellen Einfl uss nehmen kann, wie etwa im Friseurhandwerk, in Kosmetikstudios, in Praxen für Physiotherapie oder beim Reitunterricht. Werden entsprechende Dienstleistungen erbracht, ist diese strenge Sichtweise des BMF zu beachten.

Wenn allerdings tatsächlich Einzelaufzeichnungen geführt werden, können sich Dienstleister wie auch Einzelhändler nicht auf die Aufzeichnungserleichterung aus Zumutbarkeitsgründen berufen.

 

Vertrauenskassen

Bei Kassen ohne Verkaufspersonal, sogenannten Vertrau ens kassen, wie beispielsweise beim Gemüseverkauf am Feldrand, Fahrscheinautomaten sowie Waren- und Dienst leistungsautomaten, beanstandet das BMF es nicht, wenn diese Kassen nicht täglich, sondern erst bei Leerung ausgezählt werden und die Barumsätze festgehalten werden.

 

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