Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Aktien. Erzielt ein Kapitalanleger Aktiengewinne oder andere Kapitalerträge, kann er beantragen, dass anstelle der pauschalen Abgeltungsteuer, die von Amts wegen angewendet wird, eine Steuerberechnung und -festsetzung mit dem individuellen Steuertarif erfolgt, bei der unter anderem insbesondere auch Aktienverluste berücksichtigt werden.
Verkauft ein Anleger wertlos gewordene Aktien zu einem symbolischen Kaufpreis, der die Anschaffungskosten nicht übersteigt, erzielt er einen Veräußerungsverlust. Dieser kann auf Antrag mit Aktiengewinnen verrechnet werden.
Die Veräußerung zu einem symbolischen Kaufpreis ist kein Gestaltungsmissbrauch, so entschied der Bundesfinanzhof (BFH) entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung mit einem aktuellen Urteil aus Juni 2018. In dem Urteilsfall hatte der Anleger in den Jahren 2009 und 2010 Aktien mit Anschaffungskosten von 5.800 Euro gekauft, die nahezu wertlos wurden. Er verkaufte die Aktien im Jahr 2013 für insgesamt 14 Euro an eine Sparkasse. Der Kaufpreis wurde von der Sparkasse als Transaktionskosten einbehalten. Außerdem erzielte der Anleger im Jahr 2013 Aktiengewinne in Höhe von 6.800 Euro, die der Abgeltungssteuer von 25 Prozent unterworfen wurden. Im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung stellte er einen Antrag auf Steuerberechnung und -festsetzung nach dem individuellen Steuertarif, damit die Aktiengewinne mit den Aktienverlusten verrechnet werden können. Dies lehnte das Finanzamt ab, weil es den Verkauf der Aktien zu einem symbolischen Wert von 14 Euro nicht als Veräußerung ansah.
Der BFH widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung mit der Begründung, dass ein Steuerpflichtiger die Freiheit hat, darüber zu entscheiden, ob, wann und zu welchem Wert er Aktien kauft und verkauft. Dem BFH zufolge kommt es nicht darauf an, ob der Kaufpreis höher ist als die Transaktionskosten. Selbst ein Kaufpreis von 0 EUR würde ausreichen, um von einer Veräußerung auszugehen, wenn die Aktien wertlos sind. Offen blieb allerdings, ob der BFH auch eine bloße Ausbuchung der wertlosen Papiere ebenfalls als Veräußerung beurteilt hätte.
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